Autonome Kreislaufregulation
Die Schwankungen der Herzfrequenz entstehen vor allem durch verschiedene Regelkreise, welche eine möglichst gute Anpassung an wechselnde körperliche und psychische Anforderungen ermöglichen. An diesen Regelkreisen ist das autonome Nervensystem beteiligt. Durch Frequenzanalyse kann man mehrere Rhythmen in unterschiedlichen Frequenzbereichen unterscheiden. Folgende Einteilung der Frequenzbereiche hat sich als zweckmäßig erwiesen:
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HF (high frequency) 0.15 – 0.4 Hz, das sind Rhythmen von etwa 2.5 bis 6.7 Sekunden Dauer.
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LF (low frequency) 0.04 – 0.15 Hz, also Rhythmen von 6.7 bis 25 Sekunden.
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VLF (very low frequency) 0.003 – 0.04 Hz, etwa 25 Sekunden bis drei Minuten dauernde Rhythmen.
Wie diese Rhythmen zustandekommen, ist im Folgenden kurz beschrieben.
Respiratorische Sinusarrhythmie:
Die Herzfrequenz nimmt während der Einatmung zu und während der Ausatmung ab. Diese Schwankungen haben normalerweise einen Rhythmus von etwa 4 bis 5 Sekunden (ca. 0.25 Hz, HF-Komponente).
1. Während der Einatmung wird der intrathorakale Druck negativ, was zu einem erhöhten Blutrückstrom in die großen herznahen Venen führt . Das erhöhte Blutangebot führt durch Dehnung von Rezeptoren im rechten Herzvorhof zu einer reflektorischen Frequenzsteigerung des Herzens (Bainbridge-Reflex).
2. Bei der Inspiration werden in den Atemwegen und im Thorax Dehnungsrezeptoren aktiviert. Von diesen führen Nervenfasern zu Atemzentren in der Medulla oblongata, wo die Reizung dieser Rezeptoren zu einer Hemmung der Einatmung führt, sodaß die Ausatmung einsetzt (Hering-Breuer-Reflex zum Schutz der Lunge vor Überdehnung). Diese Zentren sind über hemmende Bahnen mit motorischen Kerngebieten des Nervus vagus verbunden. Fasern des N. vagus führen zum Herzen und bewirken eine Abnahme der Herzfrequenz. Die Stimulation der Dehnungsrezeptoren bei der Einatmung führt also wegen der Hemmung der kardialen Vagusfasern zu einem Anstieg der Herzfrequenz.
3. Auch auf nicht-neuronalem Weg kommt es durch direkten mechanischen Einfluß der Atmung auf das Herz zu atemsynchronen Änderungen der Herzfrequenz. Druckschwankungen im Thorax führen zu Veränderungen des Blutangebotes an das Herz (Frank-Starling-Mechanismus) und zu Verlagerung der Herzachse. Diese Schwankungen sind auch nach einer Herztransplantation oder nach einer pharmakologischen Blockade des N. vagus zu beobachten.
Barorezeptor-Reflex:
Dieser Reflex dient zur Kurzzeitregulation des Blutdrucks, der arterielle Mitteldruck wird bei spontanen Blutdruckschwankungen konstant gehalten. Der Reflex geht von Rezeptoren in der Wand des Aortenbogens und des Sinus caroticus aus, welche auf die durch den Blutdruck entstehende Gefäßwandspannung (und deren Änderungen) reagieren (Barorezeptoren). Durch den Barorezeptor-Reflex entstehen Schwankungen der Herzfrequenz im Rhythmus von etwa 10 Sekunden (0.1 Hz, LF-Komponente in der Frequenzanalyse), die von synchronen Schwankungen des Blutdrucks begleitet sind, den Mayer-Wellen.
Ein Anstieg des Blutdrucks führt durch Dehnung zur Stimulation der Barorezeptoren. Afferente Fasern im N. glossopharyngeus und im N. vagus führen zum Nucleus tractus solitarii im Hirnstamm. Von dort führen erregende Verbindungen zum Nucleus ambiguus des N. vagus, Es kommt zu einer Erhöhung der Parasympathicus-Aktivität, und die Herzfrequenz und damit die Auswurfleistung nehmen ab, es wird also weniger Blut in das Gefäßsystem gepumpt.
Hemmende Verbindungen zu Sympathicus-Zentren im Rückenmark bewirken eine Verminderung des Sympathicotonus und eine Erweiterung der Gefäßwände. Im Detail: erregende glutamaterge Fasern führen vom Ncl. tractus solitarii zur caudalen ventrolateralen Medulla (CVLM, depressor area), welche aktiviert wird. Hemmende Fasern (GABAerg) führen von der CVLM zur rostralen ventrolateralen Medulla (RVLM, pressor area), diese wird somit inhibiert. In der rostralen ventrolateralen Medulla befinden sich exzitatorische bulbospinale Neurone, sie ziehen zu Sympathicus-Zentren im Rückenmark.
Andere Einflüsse auf die Herzfrequenz:
Langsamere Schwankungen der Herzfrequenz werden auf Reaktionen auf thermoregulatorische Veränderungen des Blutflusses in der Haut zurückgeführt. Dabei kommt es zu Veränderungen des peripheren Gefäßwiderstandes, welche von Veränderungen des Blutdrucks und der Herzfrequenz begleitet werden. Diese finden in einem langsamen Rhythmus statt, eine Minute und länger (VLF-Komponente).
Weitere Einflüsse können aus dem Herzen selbst kommen. Störungen des Reizleitungssystems, des Sinus- oder des AV-Knotens führen zu Rhythmusstörungen, die nicht durch die vegetative Kreislaufregulation bedingt sind.
Links ist eine Frequenzanalyse der Herzfrequenz-Variabilität als Wasserfalldiagramm dargestellt, sie wurde mittels autoregressiver Analyse berechnet. Man kann die drei genannten Rhythmen gut erkennen: die respiratorische Arrhythmie ist mit relativ schwacher Intensität bei etwa 0.24 Hz zu sehen. Mit größerer Intensität wirkt sich bei 0.08 Hz der Barorezeptoren-Reflex aus. Ganz links im Diagramm, bei 0.03 Hz, folgen die Effekte, die auf die Thermoregulation zurückgeführt werden. Klicken Sie bitte auf das Bild für eine Ansicht in Originalgröße.